Teil 2
Skepsis vor BU-Policen-Polizei
zur Bewertung der HDI BU-Police!

13.01.2017
pdf kl  BU-Bedingungen  

Tarif: HDI Berufsunfähigkeitsversicherung 2017 EGO-TOP (LV_AVB_BV.1701)

„Policen-Polizist“ Philip Wenzel kritisiert neue AU-Klausel in der HDI-Police
Die Zeitschrift „Das Investment (08.12.2016)“ benennt Herr Wenzel zum Policen-Polizisten. Teil 2 beleuchtet die Aussagen der Policen-Polizei erneut und stellt Fragen auf. Im ersten Teil (Skepsis vor BU-Policen-Polizei!, neuer Link hier: hier klicken) wurde meinerseits das Ergebnis der Bewertung zur Basler BU kritisiert und kommentiert.

„Lesbarkeit der Bedingungen“
Laut der Policen-Polizei (Herr Wenzel) sind die Bedingungen schwer lesbar: "Was vielleicht noch als mein persönliches Problem gewertet werden darf, ist die etwas erschwerte Lesbarkeit des Textes." Meines Erachtens sind die Bedingungen für einen Fachmann sehr verständlich geschrieben. Mir wird somit nicht klar, was der Autor damit meint, das der Versicherer "Schlechtes schafft"? Dazu mehr im Folgetext.

"Milde oder Strenge?"
"Beispielsweise weist die Gesellschaft darauf hin, dass sie bei Studenten bei der Tarifierung den angestrebten Beruf berücksichtigt – was in der Regel zu einer besseren Einstufung führt. In den Bedingungen ist das aber nicht unbedingt zu erkennen"

Richtig ist, dass allgemein die Zielgruppe "Studenten" die Tarifgruppe ist, wo am schwersten eine Berufsunfähigkeit festgestellt werden kann (was vielleicht im Artikel der Policen-Polizei erwähnenswert wäre), da diese noch keinen Beruf ausüben. Je nach Zeitpunkt der BU (z.B. kurz nach Studienbeginn, mittig oder kurz vor Ende) sowie bei der Studienrichtung kann dies bereits ein sehr konkretes Berufsbild (z. B. Tierärztin) sein oder nicht (z. B. BWL-Student). Das ist eben anders als bei Auszubildende. Hier versucht der Versicherer HDI im Falle einer Berufsunfähigkeit während der gesamten Studienzeit nicht nur eine Studierunfähigkeit zu versichern, sondern bei einer unkonkreten Studienrichtung eben die Berufsunfähigkeit nach dem Mindestanforderungsprofil des Zielberufes zu bewerten, das dem angestrebten Studienabschluss nahe kommt. Zwar lässt auch das Interpretationen zu (sowie auch eine indirekte abstrakte Verweisbarkeit), ist aber besser als nur eine Studierunfähigkeit zu versichern. Besonders bei unkonkreten Berufsbildern muss der Versicherer aber eine Art Mischprämie kalkulieren, denn dieser kennt nicht das spätere Berufsrisiko des VN (ähnlich wie bei den Schülern). Somit ist es sinnvoll, dass bei Antragstellung der Vermittler besonders darauf eingehen und dies mit dem Versicherer bezüglich der Berufsgruppenbestimmung kommunizieren sollte. 

"Ob die Formulierung „kann und soll“ dem Versicherer vor Gericht die Möglichkeit geben soll, bei Verletzung dieser Obliegenheit nach Paragraf 21 VVG vom Vertrag zurückzutreten oder ob der Versicherer andeuten möchte, dass er hier bei einer Verletzung Milde walten lassen würde, lässt sich anhand des Textes nicht klären."

Unklarheiten bei möglichen Obliegenheitsverletzungen?
Was will uns hier die Policen-Polizei vermitteln? Jeder Antragsteller ist verpflichtet sein Berufsbild entsprechend dem Versicherer anzugegeben und nicht nur dass, auch risikorelevante Hobbys oder Nebentätigkeiten. Das ist allgemein gültig. Die oben genannte Information wäre somit überflüssig oder was soll die Bewertung denn sonst sagen? Zudem, erkennt der Versicherer Unklarheiten im Antrag, könnte auch eine Nachfrage-Obliegenheit seitens des Versicheres vorliegen.

"brandgefährlicher Hinweis" - warum?
"Im Hinblick auf Obliegenheitsverletzungen ist es außerdem wenigstens außergewöhnlich, dass der Versicherer ausdrücklich darauf hinweist, dass der Kunde zu Unrecht empfangene Rentenzahlungen zurückzahlen muss. Dieser Hinweis hätte rein klarstellenden Charakter. Da HDI aber als eine von wenigen Gesellschaften die Meldepflicht bei gesundheitlicher Verbesserung und der Aufnahme eines Berufs nicht in den Obliegenheiten stehen hat, wird dieser Hinweis brandgefährlich."

Was will uns der Autor hiermit sagen? Richtig ist doch, das egal in welcher Sparte, dass man zu Unrecht erhaltende Leistungen zurückzuzahlen hat. Dies ist also nicht erwähnenswert. Was haben die Antragsfragen mit den Obliegenheiten nach Eintritt des Versicherungsfalls zu tun? Man muss unterscheiden zwischen den Obliegenheiten vor und nach dem Versicherungsfall. Meines Erachtens vermischt der Autor hier einiges. Denn üblicher Weise handelt es sich bei den benannten Obliegenheiten um die nach dem Eintritt des Versicherungsfalls. 

Policen-Polizei mit falschen Schlussfolgerungen?
"Dieser Hinweis hätte rein klarstellenden Charakter. Da HDI aber als eine von wenigen Gesellschaften die Meldepflicht bei gesundheitlicher Verbesserung und der Aufnahme eines Berufs nicht in den Obliegenheiten stehen hat, wird dieser Hinweis brandgefährlich."
Wenn keine Obliegenheiten benannt werden, dann kann der Kunde nicht sanktioniert werden. Zudem auch zu jeder Obliegenheit auch eine beschriebene Sanktion enthalten sein muss, wenn der Versicherer Leistungen kürzen oder versagen will. Ich denke, dass hier eine eklatante Falschinformation veröffentlicht wurde. Von einer Policen-Polizei sollte man diesen wesentlich Unterschied erwarten können. Fehlen diese Obliegenheitsverpflichtungen, so ist das nicht brandgefährlich, sondern umso besser für den Versicherten. Ich denke, dass hier der Autor zu Unrecht mit brandgefährlichen Aussagen suggeriert, das der Tarif in diesem Bereich eine Gefahr darstellen könnte.


"Entweder Verzicht oder Meldepflicht"
"
wäre es im Kundensinne wünschenswert, entweder einen konkreten Verzicht der Meldepflicht aufzunehmen oder die Pflicht zur Rückzahlung zu konkretisieren."
Also die Policen-Polizei möchte eine Aufblähung der AVB? Richtig ist, dass Konkretisierungen notwendig sind, soweit unklare Bedingungsinhalte enthalten sind. Aber wenn bestimmte Obliegenheitsverpflichtungen nicht vorgesehen sind, warum soll man dann auf diese nochmals verzichtend hinweisen? Trägt das wirklich zur Transparanz bei? Es gibt einige wenige Punkte, wo eine Konkretiserung sinnvoll ist, wo die Bedingungen keine Regelungen vorsehen. Aber im Bereich der Obliegenheiten? Dann könnte man ja überspitzt sagen, das man in den Bedingungen ja alles rein schreiben sollte, was ein VN zu tun hätte oder nicht. Aber hier können die Meinungen ja auseinander gehen. Ich denke, das hier eine positive Erklärung sinnvoller gewesen wäre, statt dies negativ zu werten, bzw. als brandgefährlich darszutellen - wo nichts ist.  


upAU-Klausel
"Und selbst hier gibt es eine Kehrseite. Erkennt der Versicherer die AU schnell an und leistet er für 24 Monate, ist es durchaus möglich, dass der dann notwendige Nachweis der BU deutlich schwerer zu führen ist, als es vor 24 Monaten gelungen wäre."

Schön das die Policen-Polizei nun auch wohl meine Kritik angenommen hat, dass bei einer länger andauernde AU der BU-Nachweis schwerer zu führen ist. Eine offene Darstellung über die Zeitschrift "Das Investment" wurde seiner Zeit von Herrn Wenzel abgelehnt. Zumindestens las sich im ersten Teil das noch anders (siehe Pkt. 2 im Teil 1: hier klicken), so das es wohl ein Wandel der Einstellung zur Folge hatte. Schön wäre jedoch, dass man auf den Ursprung solcher Erkenntnisse hinweisen könnte (Strichwort: "fremde Federn"). 

HDI hat keine AU-Klausel geschaffen, die es leichter macht.
Widerspruch zum Kollektiv?

"HDI hat also eine AU-Klausel erschaffen, die es dem Kunden im Zweifel nicht unbedingt leichter macht und auch nicht schneller zur Leistung."

Wenn der Autor auf der einen Seite auch den Schutz des Kollektivs erwähnt, so sollte doch meines Erachtens zur Sicherheit der Versicherer immer eine BU Prüfung mit anbieten. Ich halte dies für nicht vorteilhaft, wenn der Versicherer ohne BU Prüfung eine AU-Leistung anerkennt, auch wenn es im ersten Moment eine schnelle AU-Leistungsanerkennung für den VN sich besser darstellt. Im allgemeinen hat aber der Versicherer fast alle Unterlagen, warum dann nicht gleich auf BU prüfen? Wie der Autor nun auch selbst erwähnt, umso länger die AU dauert, umso schwerer kann für den VN der Nachweis seiner BU möglich sein. Wird eine BU anerkannt, dann kann der Versicherer nur noch durch die Nachprüfung zusätzliche Informationen verschaffen, um seine Leistung einstellen zu können (bis auf eventuelle Obliegenheiten, je nach Tarif). Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Auf der einen Seite vom Schutz des Kollektives zu sprechen (auch im Teil 1), aber eine eher unkontrollierte AU-Leistung zu wünschen und dem VN somit möglicherweise in die Lage zu versetzten, das er vielleicht keine BU mehr nachweisen kann?

"Die Leistung ist auf 24 Monate begrenzt, was derzeit gerade mal zwei weitere Anbieter machen. Der Standard liegt bei 18 Monaten, während ein Anbieter aufgrund einer Krankschreibung auch unbegrenzt leisten würde."
Den Fachleuten war bereits im Dezember bekannt, dass es keinen Versicherer ab 2017 mehr geben wird, der eine unbegrenzte Leistung anbietet. Eingen vielleicht sogar noch früher. Die maximale AU-Leistungsdauer im Markt beträgt nunmehr 36 Monate.

 
Rückwirkende AU-Leistungen sind nicht möglich -  ist das wirklich so?
"HDI leistet nur, wenn die Ursache der Krankschreibung bei Antragstellung besteht. Damit ist eine rückwirkende Anmeldung von Ansprüchen nicht möglich. Das ist wiederum im Negativen einzigartig."

Ohne Ursache kann man ja auch nicht krank sein und somit keine Krankschreibung erhalten. Was meiner der Autor also damit und als einzigartig?

        § 2 Was ist eine Krankschreibung im Sinne dieser Bedingungen?
          (1) Eine Krankschreibung im Sinne dieser Bedingungen liegt vor, wenn
               - die versicherte Person für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens sechs Monaten
                 krankgeschrieben war und zum Zeitpunkt der Meldung weiterhin krankgeschrieben ist,
               - die versicherte Person während der Krankschreibung keiner beruflichen Tätigkeit nachgeht und
               - uns die Krankschreibung mit den in § 4 Absatz 1 genannten ärztlichen Bescheinigungen
                 nachgewiesen wird.

        § 4 Welche Obliegenheiten bestehen, wenn eine
              Versicherungsleistung verlangt wird?

          (1) Werden Leistungen wegen Krankschreibung verlangt, müssen uns unverzüglich auf Ihre
                Kosten auf die versicherte Person ausgestellte ärztliche Bescheinigungen entsprechend
                § 5 EntgFG oder gleichwertige ärztliche Bescheinigungen eingereicht werden, unabhängig
                davon, ob die versicherte Person Arbeitnehmer ist oder nicht.

Nach meinem Kenntnisstand ist das völliger Unsinn, dass keine rückwirkende Anmeldung von AU-Ansprüchen bestehen sollen. Richtig ist, das der VN unverzüglich die Bescheinigungen einzureichen hat, sobald dieser Leistungen wegen AU beantragt hat. Das ist jedoch normal, auch in der BU. Erfolgen diese später, wird erst ab diesem Monat geleistet. Jedoch in § 5 Abs 2 gibt es eine Ausnahme, so dass ich nur eine Gefahr bei Arglist sehe, was dem VN in diesem Fall wohl eher schwer nachzuweisen sein wird.

          § 5 Was gilt bei einer Verletzung der Obliegenheiten?
            (2) Die Ansprüche auf Leistungen wegen Krankschreibung bleiben
                 abweichend von Absatz 1 insoweit bestehen, als die Verletzung
                 ohne Einfluss auf die Feststellung oder den Umfang unserer
                 Leistungspflicht ist; dies gilt nicht, wenn die Obliegenheit arglistig verletzt wurde.

Nachweise über den Beruf u.a. auch zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.
"Der Kunde muss auf Verlangen des Versicherers auch beim Nachweis der Krankschreibung Unterlagen zu beruflichen Fähigkeiten und Kenntnissen, über den Beruf und so weiter bei Vertragsabschluss beibringen"

Bringt dieser Hinweis mit dem Nachsatz einen informativen Wert? NEIN! Denn es ist eben üblich, das bei einem Leistungsantrag alles geprüft wird, insbesondere dann, wenn die BU mitversichert und mitgeprüft wird (siehe § 1).
 

Reicht die Krankschreibung für den Nachweis einer AU aus?

"Warum HDI aber auch Unterlagen zum Beruf bei Antragsstellung anfordert, erschließt sich mir nicht. Was er hier bei der Leistung wegen Krankschreibung prüfen will, wenn doch die Vorlage einer Krankschreibung als Nachweis ausreicht, kann ich nicht nachvollziehen. Die AU-Klausel bietet auch für den Versicherer die Möglichkeit einer vereinfachten Leistungsprüfung. Wenn HDI aber die komplette Palette beansprucht, wird sich hier keine Ersparnis erzielen lassen."

Der Autor schreibt in seinem Artikel nur einen Absatz darüber: " ... auch beim Nachweis der Krankschreibung Unterlagen zu beruflichen Fähigkeiten und Kenntnissen, über den Beruf und so weiter bei Vertragsabschluss beibringen.", so dass der Versicherer die Möglichkeit der Prüfung zur vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung hat. Also tatsächlich zwei Sätze weiter fragt der Autor sich selbst, warum?! Wobei die Antwort enthalten ist: Prüfung der vorvertraglichen Anzeigenpflichtverletzung! Entweder verstehe ich nicht seine Argumentationsfolge oder der Autor kommt irgendwie durcheinander. Aber es geht für mich unerklärlich weiter:

            § 1 Was ist versichert?
              (1) Leistungen wegen Krankschreibung können nur dann verlangt werden, wenn zeitgleich
                   Leistungen wegen Berufsunfähigkeit beantragt werden und die Krankschreibung zu diesem
                   Zeitpunkt noch besteht.

Die Aussage ist somit völlig falsch, denn nirgends steht, dass die Vorlage einer Krankschreibung als Nachweis ausreicht. Auf was begründet der Autor seine Aussage? Im Paragraf 1 Abs.1 ist klipp und klar geregelt, dass eine BU geprüft wird, was ich wie oben und im ersten Teil beschrieben habe, auch befürworte. 

Also nochmals in der Zusammenfassung: Herr Wenzel kann nicht nachvollziehen warum die Unterlagen benötigt werden. Aber das steht doch glas klar im §1 Abs.1, also gleich als Erstes in den Bedingungen, somit kaum zu überlesen. Es wird gleichzeitig auch die Berufsunfähigkeit geprüft und dazu gehört auch die Prüfung der vorvertraglichen Anzeigenpflichtverletzung! In den Bedingungen ist somit kein Hinweis enthalten, das es eine vereinfachte Leistungsprüfung gibt. Auch die Vorlage der Krankschreibungen reichen alleine nicht als Nachweis aus und ist auch nicht den Bedingungen zu entnehmen. Also woher kommt die Policen-Polizei zu diesen Schlüssen? Ich kann es einfach nicht nachvollziehen.


Fazit
Meines Erachtens verwechselt die Policen-Polizei einiges, so das die Gesamtbewertung des Tarifes und der Artikel in der Gesamtausfertigung für mich nicht nachvollziehbar ist. Der Autor ist auch der Meinung in Fettschrift, das die AU-Klausel somit "Kein wirklicher Mehrwert" unbedingt darstellt, auch das kann ich nicht bzw. in keiner Weise nachvollziehen.


Das Investment
Es stellt sich nunmehr die Frage, ob die Policen-Polizei erneut ihren Namen verdient oder nicht. Das Investment schreibt:
"Unser Policen-Polizist: Philip Wenzel ist Fachwirt für Versicherungen und Finanzen (IHK) und betreut bei Freche Versicherungsmakler aus dem bayerischen Kemnath die biometrischen Risiken. Als gelernter Historiker ist Wenzel immun gegen Langeweile und kann auch längere Bedingungswerke ohne Schaden lesen und analysieren."
Man muss sich Fragen, ob ein Medium wie "Das Investment" in diesem Bereich der Berichterstattung verlässlich ist, da nach meiner Einschätzung zwar Bedingungen durch deren  Policen-Polizei zwar gelesen wird, aber werden sie wirklich weitesgehend analysiert und so kommentiert, das Leser der Zeitschrift einen Mehrwert erhalten? Richtig schreibt das Investment "ohne Schaden lesen und analysieren" - aber könnte nicht ein Schaden für den Leser entstehen, wenn möglichweise falsche Schlüsse gezogen werden? Die Frage bleibt offen und sollte Jeder für sich klären. Mit oben genannten Anmerkungen stehen nun unterschiedliche Meinungen zu Verfügung, der Leser soll selbst entscheiden.

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