„Guter Rat“ – „Berufsunfähig: der beste Schutz“

Ausgabe 07.2016

Aufgrund der aktuell erschienen Ausgabe erhielten wir sehr schnell Mails und Anrufe, die sehr kritisch waren. Hiermit bestätigte ich, dass meinerseits kein Anteil an der Auswertung der Tabellen oder des Textinhaltes bestand. Mir war bis zur Erscheinung nur das Interview bekannt zu dem ich auch stehe. Bezüglich der tabellarischen Auswertung und zu den Inhalten des „Versicherungs-Latein“ im Kasten nehme ich zu 100% Abstand.

Ich war auch sehr positiv überrascht, dass mein Name in Verbindung mit der Zeitschrift "Guter Rat" doch bei einigen Anrufern sehr gefestigt war. Dafür vielen Dank auch an die Redaktion der Zeitschrift, denn das beweist ja auch, dass der "Gute Rat" nicht nur von Verbrauchern gelesen wird. Da ich heute bereits einige Telefonate dazu führte (20.06.2016, ausschließlich Vermittler aber auch von Versicherer erhielt ich heute Anrufe), habe ich mich entschieden, einige Fragen und Aussagen aus den Telefongesprächen nun zu veröffentlichen.

Allgemein:
Meines Erachtens bestehen systematische Fehler, so ist z. B. Grundlage der Biallo-Auswertung laut der eigenen Internetseite das Ratingunternehmen Franke & Bornberg. Eine eigene Bewertung muss also in Frage gestellt werden, da keine Legende zu erkennen ist, wie es zu den „Sternchenbewertungen" gekommen ist. Denn wie einige Makler erkannten, ist für alle Tabellen die Quelle Biallo verantwortlich. Laut Tariftest wurden 25 Bedingungs-Merkmale berücksichtigt die zu 80% Einfluss hatten, zu 15% waren es die Prämien und das Verteuerungsrisiko, sowie zu 5% das Rating.

Es stellt sich die Frage, welches Rating (Franke & Bornberg oder ein Biallo-Rating) wurde nun zu 5% berücksichtigt und welche 25 Tariffragen? Die im Rating mit fünf Sternen bewerteten Tarife erreichen wie von einigen Anrufern bemerkt, zum Teil bei fairTest.de nur drei von sechs Sternen und sind somit nur noch bedingt empfehlenswert (kurze Factsheets können bei uns angefordert werden). Das fairTest-Rating berücksichtigt zum Teil pro Zielgruppe zwischen 80 bis 120 Schwerpunktfragen mit zusätzlichen Unterfragen (Detaillierung von Einzelfragen). Zudem sollte bei den Berufsbeispielen unterschieden werden zwischen Angestellte und Selbstständige, da dann wesentlich andere Schwerpunkte berücksichtigt werden müssen, die in keiner Weise erwähnt wurden (z. B. das KT-Risiko und das Umorganisation-Risiko).

Zudem spiegeln Prämien keine Wertigkeit oder Werthaltigkeit eines Tarifes wieder. Es ist eher besonders bei günstigen Tarifen davon auszugehen, dass man die Kalkulation in Frage stellen kann. Das Prämienrating ist somit meines Erachtens komplett außer acht zu lassen und verfälscht das Leistungs- bzw. das Gesamtergebnis, auch wenn es im Test "nur" 15% ausmacht.

Tabelle: Top 10 Die günstigsten Versicherer
Im Artikel wird zwar darauf hingewiesen, dass Prämien nicht alles sind und das die Differenz zwischen Netto- und Bruttobeitrag ein wichtiges Indiz für eine gute Prämienkalkulation sein kann. Dennoch ist in keiner Weise zu erkennen, wie es zur Bewertung des Prämienniveaus gekommen ist! Was ist ausschlaggebend für die Sternchen? Sind es nur die Prämien, oder werden auch Unternehmenskennzahlen berücksichtigt? Welche Optionen und Tarifmerkmale (Raucher, Nichtrauchertarif, Hobbys, etc.) wurden berücksichtigt, denn bei der Alten Leipziger ist die AU-Klausel eine Option die man ab- bzw. zuwählen kann (in der Tarifbezeichnung ist kein Hinweis enthalten - also Bewertung ohne AU?). Aber auch andere Optionen sind denkbar, z. B.: Wiedereingliederungshilfe, Verzicht auf § 163 VVG, garantierte Leistungsdynamik, Pflegerentenoptionen, etc..

Schaut man sich die Leistungsquoten der Versicherer an, so sind Unterschiede bis zu 30% möglich. Stellt man die Leistungsquote und einen gesamten Beitragsdurchschnitt (z. B. von über 100 Berufe) gegenüber, könnte man denken, dass einige Tarife entweder mit der heißen Nadel gestrickt wurden oder ob nur der Vertrieb im Vordergrund stand/steht. Denn nicht selten sind mit günstigen Prämien auch niedrige Leistungsquoten verbunden bzw. zu erkennen. Zufall? Zudem stellen sich auch weitere Fragen, z. B. wie werden heute die Risiko-Überschüsse der einzelnen Versicherer verwendet? Ist vielleicht auch eine Zweckentfremdung möglich, wenn in den klassischen Tarifen die Zinsüberschüsse nicht mehr erreicht werden? Wie sieht es mit den Bewertungsreserven und im Allgemeinen mit der Solvabilität und dem Gesamtumsatz der Versicherer aus? Sind z. B. Klauseln enthalten, die den Tarif oder der Versichertengemeinschaft längerfristig schädigen könnten, z. B. eine AU-Anerkennung ohne BU Prüfung? Was heute von einigen Autoren als positiv gewertet wird (z. B. auch ganz aktuell durch Herrn Wenzel im "das Investment" zur Basler-SBU Einschätzung), könnte sich als Bumerang erweisen, weil einige Versicherte bei solchen Klauseln auch auf andere Ideen kommen könnten. Ich denke, dass bei dieser Tabelle sich noch viele Fachleute die Augen reiben und sich fragen, wie kommt man auf diese Ergebnisse?

Zur gestellten Telefon-Frage, warum überhaupt Prämien immer wieder verglichen und dargestellt werden: Es sind die Leser. Leser wollen Orientierung und aus diesen Gründen werden solche Tabellen erstellt. Wir haben in Deutschland eher die Mentalität nach "Prozenten", "super günstig" etc. zu schauen, als nach Werthaltigkeit zu fragen. Und somit ist es berechtigt, dass die Medien Preistabellen veröffentlichen. Natürlich kann man über solche Tabellen wie in dem Artikel dann auch die Prämien als Beispiel nennen, aber eine Bewertung des Prämienniveaus ist aus heutiger Sicht so ähnlich wie die Börsenentwicklung (da gibt es ja auch viele Ansätze) vorauszusagen. Da verstehe ich die Anmerkungen der Anrufer und denke, das geht zu weit, weil einfach zu intransparent. Richtig ist, dass bei der Auswahl bestimmte Kennzahlen Berücksichtigung finden sollten, aber einen für mich nicht nachvollziehbaren „Bewertungspegel/-wert“ als „Prämienniveaus“ zur Tarif-Orientierung heranzuziehen, könnte aus o. g. Gründen bedenklich sein. Es ist gut vorstellbar, dass man vielleicht aus unterschiedlichen Werten des Unternehmens und der Tarifgestaltung vielleicht einen einzelnen Vergleichswert zur Orientierung erstellen könnte. Aber was sagt die vorliegende Bewertung wirklich aus, auf was bezieht sie sich?

Tabelle: TOP 10 Die leistungsstärksten Versicherer und das Biallo-Rating
Welche Tarifmerkmale spielen eine Rolle für die Bewertung? Wenn Biallo laut Internetseite sich auf Franke & Bornberg bezieht, wie kommt es dann zu der Sternchenbewertung? Wurden nur auszugsweise aus deren oder einem anderen Rating die Bewertungsfragen berücksichtigt? Wenn ja, wie sieht es mit einer Quellenangabe aus bzw. warum kommt es dann zu eventuell abweichenden Ergebnissen? Oder gab es eine Umrechnung und wenn ja welche? Wurden alle Tarifmerkmale gleich schwer bewertet?

Gibt es tatsächlich eine eigene Bewertung und wenn ja, wie lauten die Fragen dazu, wenn z. B. Unterscheidungen innerhalb einer Klausel bestehen (z. B. im Rahmen der Nachversicherungen, oder bei der abstrakten Verweisung)? Einen Hinweis konnte ich nicht finden, auch bei Biallo nicht. Wenn Biallo sich auf Franke & Bornberg oder auch Morgen & Morgen stützt, ergeben sich aus deren Fragen eine eigene Mischung? Aber ist dann das Original-Rating nicht besser?

Die Bewertung kann aus unserer Sicht nur sehr kritisch gesehen werden, da scheinbar viele wichtigen Bedingungspunkte keine Berücksichtigung gefunden haben und bei der Beurteilung duch den "Guten Rat" nur 25 Punkte berücksichtigt wurden. Wie kommt man sonst zu solchen Ergebnissen? Richtig ist jedoch, dass z. B. die Alte Leipziger zu den sehr guten Tarifen zählt, aber es gibt nicht nur Alternativen sondern man muss i. d. R. den Einzelfall betrachten. Im Verhältnis wird das Prämienniveau dargestellt, z.B. Condor mit zwei Sternen und Universa mit 5 Sternen. Wie kommt es dazu, welche Berufe und Tarif-Optionen haben Einfluss gefunden? Wie sagte ein Makler spaßig: "Bei genauer und langer Betrachtung bekomme ich wahrscheinlich wohl eine Fehlsichtigkeit vom Augenarzt bestätigt." Weitere Anmerkungen zu den gestellten Fragen und zu den Infos aus dem Kasten zu den Leistungsbeurteilungen weiter unten.

Tabelle: TOP 10 Die Besten in Leistung, Prämie und Finanzkraft
Naja, da gibt es nicht mehr viel zu sagen, wenn man sich obigen Punkte und die weiteren durchliest. Aber wie ist nun die Finanzkraft bewertet worden (laut Überschrift), biallo hat dazu keine Spalte in der Tabelle vorgesehen bzw. zur Verfügung gestellt. Es ist sehr gut das zu berücksichtigen, aber wie oder wo hat dies in der Tabelle Berücksichtigung gefunden? Wenn Biallo die Finanzkraft von Unternehmen bewertet, benötigt man dazu nicht eine Erlaubnis?

Beispiel für widersprüchliche Bewertungen:
Im Kasten „Versicherungs-Latein“ werden unterschiedliche wichtige Punkte angesprochen. Aufgrund der  gestellten Fragen am Telefon wurde mehrmals angenommen, dass dies auch Schwerpunkte sind, die von Biallo in der Bewertung Berücksichtigung gefunden haben. Dies kann ich nicht bestätigen ob das so ist oder ob es nur allgemeine Informationen der Redaktion darstellen bzw. ein Auszug aus der eigenen Testzusammenstellung der Redaktion ist. Dazu dennoch einige Anmerkungen.

Pkt. 1: Abstrakte Verweisung:
Richtig ist, dass einige Versicherer mit den genannten Tarifen dennoch unter bestimmten Voraussetzungen abstrakt verweisen können, z. B. beim Ausscheiden aus dem Beruf, bei einem Berufswechsel oder auf Grund einer fehlenden Konkretisierung der Lebensstellung. Wie wurden diesen Einschränkungen berücksichtigt?

Pkt. 2: Arztanordnungsklausel
Auch der Hinweis zur Arztanordnungsklausel ist zwar äußerst wichtig, aber wie wurde es im Rating bewertet? Es werden im Rating auch Tarife mit sehr gut bewertet, die Arztanordnungsklauseln enthalten, die juristisch derart in Frage gestellt werden müssen, ob sie überhaupt Gültigkeit erlangen aufgrund der starken Einschränkungen.

Pkt. 6: Nachversicherung
Zu den Nachversicherungen kann man ergänzend erwähnen, dass es bei einigen Tarifen die Möglichkeit gibt, ohne einen versicherten Anlass die Rente zu erhöhen (auch mit sehr unterschiedlichen Ausprägungen). Grundsätzlich muss aber gesagt werden, dass überwiegend die Tarife sehr viele Einschränkungen enthalten, so dass es kaum oder nur selten zu einer Erhöhungsmöglichkeit kommt. Berücksichtigt man dies in der Gesamtbewertung, verändert sich auch gleich das Ratingergebnis. Was besonders wichtig für junge Versicherte sein kann.

Pkt. 8: Rentenhöhe
Richtig ist, dass im Leistungsfall es zu einer Kürzung kommen kann, wenn die Angemessenheit bei Antragstellung nicht richtig berücksichtigt wurde. Richtig ist aber auch, dass bei einer Umfrage unsererseits uns einige Versicherer bestätigt hatten, dass bei einer Leistungsablehnung in keinem Fall auf eine grobe Fahrlässigkeit abgestellt, sondern Vorsatz oder Arglist unterstellt wurden. Es ist somit eher damit zu rechnen, dass überhaupt keine Leistung erbracht wird, also 0,00 Euro.

Pkt. 9: Rückwirkende Zahlung:
Auch hier muss man unterscheiden zwischen Meldefrist und rückwirkender Zahlung. Es gibt Tarife auch unter den bewerteten Tarifen welche, die eine Meldefrist von drei Jahren vorsehen. Was nützt dem Versicherten eine Bedingung die eine rückwirkende Zahlung vorsieht, wenn aber eine Meldefrist von drei Jahren vorgesehen ist und der Versicherte später als drei Jahre die BU anmeldet? Nun könnte man sich fragen, ob sowas überhaupt vorkommt? Ja, in unserer Praxis haben wir sogar Meldungen die über 10 Jahre zurück liegen (z.B. wegen psychischen Erkrankungen oder auch bei einer vorliegenden Überobligation). Wir haben gerade sogar einen Fall der bis in das Jahr 2006 zurückgeht.

Fazit:
Abgesehen von vielen weiteren Details die wichtig sein könnten, sollte der Leser sich nicht auf die Auswertung alleine verlassen und sich detailliert unabhängig beraten lassen. Zwar ist in einer Printausgabe nur bedingt Platz bestimmte Schwerpunkte erklären zu können, aber aufgrund des Ratingergebnisses wird meines Erachtens dem Leser vermittelt, dass auch die Punkte im Kasten in der Gesamtbewertung Berücksichtigung gefunden haben.

Zu der Frage, wer ist Biallo: Es wäre vielleicht sinnvoll gewesen zu erwähnen, dass Biallo auch als Versicherungsmakler zugelassen ist, also ein Berufs-Kollege. Dies wird aber im Ratingergebnis scheinbar nicht genügend deutlich gemacht. Ob das gut ist? Es ist wie bei Ärzten, es gibt nicht selten sehr unterschiedliche Ansichten. So gibt es zwischenzeitlich auch viele Aussagen von Juristen die deutlich machen, dass man sich nicht blind auf Ratingergebnisse verlassen sollte. Wenn nun mehrere Juristen dies behaupten, dann dürfte das nicht so falsch sein. Das ist besonders dann der Fall, wenn man von Dritten die Ratingergebnisse für die eigene Vermittlung ohne weitere Prüfung und Hinweise für den Verbraucher/Kunden übernimmt. Oder nur Bestandteile aus einer Bewertung, die jedoch wichtige Klauseln oder Einschränkungen nicht berücksichtigte. Die Bewertung und Empfehlung des Maklers Biallo wird meinerseits eher kritisch bewertet, da nicht zu erkennen ist, wie es zu den Beurteilungen der Tarife gekommen ist und ob nur ein Teil der Fragen der Ratingagenturen von Franke & Bornberg oder Morgen & Morgen übernommen wurden.

Für den Versicherten gilt somit:
Nachfragen und ein zweiter Blick lohnt. Eventuell den Makler entsprechend darauf ansprechen, ob er die zur Verfügung gestellten Rating-Auswertungen auf Richtigkeit geprüft, diese eventuell noch durch Präzisierungen ergänzt hat und sollte es sich schriftlich bestätigen lassen, was für beide Seiten übrigens von Vorteil wäre.

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