Skepsis vor BU-Policen-Polizei!

17.06.2016


Die Zeitschrift „Das Investment (17.06.2016)“ benennt Herr Wenzel zum Policen-Polizisten. Im wahren Leben gibt es bei der Polizei Eignungs-Prüfungen. Es stellt sich somit die Frage, ob die neue Policen-Polizei ihren Namen verdient. Zum ersten Teil bewertet der Policen-Polizist die Basler BU-Versicherung. Dazu einige Anmerkungen, die vielleicht das Bild eines Policen-Polizisten im Rahmen von „Recht und Ordnung“ aus anderer Perspektive darstellen lässt. Unabhängig davon lesen Sie in diesem Artikel auch was zur Courtagezusage der Basler Versicherung, was nicht unbedeutend ist.

„Kampfansage an die Mitbewerber“
Richtig ist, dass in erster Linie man als Makler die Leistungsversprechen, aber auch Einschränkungen anhand der Bedingungen ablesen kann bzw. können sollte. Auch der Hinwies zur Erfüllbarkeit des Leistungsversprechens ist wichtig. Ergibt sich jedoch aus dem Ergebnis, dass der Tarif eine Kampfansage an die Mitbewerber ist?

Die Policen-Ploizei vertritt die Meinung, dass für die Bewertung es scheinbar ausreichend ist, wenn nur vier Parameter berücksichtigt werden müssen: den Leistungsumfang, die Prämie, die Gesundheitsprüfung und die Leistungsprüfung.

Missverhältnisse erkennen
Wenn Missverhältnisse (zwischen Leistung und Prämie) zu erkennen sind, so wird empfohlen den Tarif zu beobachten, besonders auch dann wenn der Unterschied zwischen Brutto- und Nettobeitrag sehr hoch ist.

Richtig ist, dass mit gewisser Vorsicht solche Tarife zu werten sind. Aber was und wie lange will man was beobachten? Hier fehlt es an jeglicher Empfehlung. Versicherer ist es erlaubt, nach § 163 VVG die Prämie oberhalb der Brutto-Prämie anzupassen, wenn er darauf nicht verzichtet. Ist die Prämien-Spanne/Differenz zwischen Brutto- und Nettobeitrag sehr klein, könnte man nach heutiger Situation und aktueller Lage (z. B. Zinssituation) bei den Tarifen nicht die Risikofrage in den Raum stellen, dass in gewisser Weise auch Tarife mit einem kleinen Spread bewusst kalkuliert wurden (z. B. aufgrund des Wettbewerbsdruck oder Umsatzausgleiches), da für den Versicherer die Möglichkeit einer Prämienanpassung besteht? Ist es vielleicht sinnvoller zu sagen, wenn der Versicherer eine kleine Prämien-Differenz hat und auf § 163 VVG verzichtet, man dann erst von einem gut kalkulierten Tarif ausgehen könnte? Unabhängig davon, besteht auch die Frage, ob es vielleicht das Recht zulässt oder die Möglichkeit besteht, dass Risikogewinne aus der BU zweckentfremdet werden und somit ebenfalls nachhaltig zu einer Prämienveränderung führen könnte, auch über den Bruttobeitrag hinaus? Ich denke, dass heute alleine, wie allgemein üblich verbreitet eine kleine Prämien-Differenz kein sicheres Indiz mehr ist, dass es sich um eine gut kalkulierte Prämienkalkulation handelt. Neben den genannten und weiteren Kennzahlen, z. B. die Solvabilität, Umsatz, Zins- und Bewertungsreserven, Überschüsse etc. spielen langfristig eine Rolle, so dass vielleicht mit einer andere Weitsicht man vielleicht werten sollte.

Basler-Tarif ist eine Kampfansage
Herr Wenzel beschreibt den Tarif als regelrechte Kampfansage an die Mitbewerber. Neben der Aufzählung unterschiedlicher Leistungsarten wird auch die AU-Klausel erwähnt. Richtig ist, dass diese sehr sinnvoll ist und einige Hürden die mit einer BU-Anerkennung zusammenhängen, schneller zu überwinden sind und somit es leichter zu einer Leistungsanerkennung führen kann.

Die Policen-Polizei bewertet dies besonders gut, wenn die AU-Leistung auch ohne Beantragung der BU-Rente erfolgt. Meines Erachtens ist dies eher als Nachteil zu werten.

Grund:
Wenn zunehmend Versicherer eine AU-Klausel anbieten und auf die BU-Prüfung verzichten, kann dies zur Folge haben, dass insbesondere Vermittler dies auch als Vorteil ihren Kunden anbieten. Nun wird höchstwahrscheinlich für die Leistungsanerkennung vom Versicherungsnehmer aber auch vom Vermittler eher wohl immer der leichterer Weg einer Leistungsanerkennung angestrebt werden, dass liegt in der Natur der Sache, was Herr Wenzel auch als Historiker (mir ist jedoch nicht bekannt in welche Richtung) höchstwahrscheinlich bestätigen wird. Ich sehe dies bedenklich aus zwei Gründen:

1. Grund: Belastung der Versichertengemeinschaft bzw. des Kollektives
Wenn der Zugang zu BU-Rente ohne Prüfung der BU erfolgt, so ist auch die Prüfung auf ein Minimum reduziert (z. B. nur Check auf vorvertragliche Anzeigepflichtverletzungen). Das kann auch zu nicht gewollten Anreizen führen, z. B. bei Selbstständigen die vielleicht temporär finanzielle Probleme haben. Mit dem Arzt lässt sich dann viel verhandeln, was aus dem Angestelltenbereich ja auch bekannt ist. Hier könnte es zu einer ungerechtfertigten Belastung der Versicherten-Gemeinschaft führen. Heute ist dies zum Teil  noch überschaubar, aber in einigen Jahren und einer großem Anzahl von Verträgen könnte dies zu einer Belastung des Versicherten-Bestandes führen. Ähnliches hatte man bei den alten echten DU-Klauseln erlebt (Post- und Bahn-Themen). Dieses könnte ein Risiko darstellen und sollte meines Erachtens auch berücksichtigt werden. Es gibt immer zwei Seiten. Ich sehe im Gegensatz zur Policen-Polizei eher ein Risiko für das Versicherten-Kollektiv.

Denkbar ist auch, dass die AU-Klausel vielleicht auch als ein Standard in den BU-Bedingungen aufgenommen wird. Dies bleibt abzuwarten, ob undwie der GdV dies in den Musterbedingungen aufnehmen wird.

2. Grund: BU-Anspruch sinkt
Wenn man statt einer BU eine AU anerkennen lässt, also ohne dass die BU gleich mitgeprüft wird, kann dies sehr nachteilig sein. Denn dann wird erst die BU mit Beendigung der AU beantragt und geprüft. Hat die versicherte Person zwischenzeitlich ein Heilungsprozess, ist eventuell eine BU-Anerkennung dann ausgeschlossen. Hätte man jedoch gleich zum Anfang auch eine BU-Prüfung vorgenommen, würde dies höchstwahrscheinlich nicht nur die Versichertengemeinschaft mehr schützen, sondern der Versicherer wäre im Rahmen der Nachprüfung dann auch in der Nachweispflicht, dass keine BU mehr vorliegt. Liegt keine BU vor, würde der VN dennoch eine AU Leistung erhalten. Dies hätte noch einen weiteren Vorteil, besonders bei jungen Versicherten. Wird die BU z. B. nach 18 Monaten AU-Leistung nicht mehr festgestellt, dann ist auch die max. AU-Leistungsdauer nach den meisten Bedingungen verbraucht, was dann sehr nachteilig wäre. Es ist aber anzunehmen, dass insbesondere sehr junge Versicherte eine höhere Wahrscheinlichkeit besitzen, während der gesamten Versicherungszeit mehr als 18 Monate AU zu sein. Ausdiesem Grund sehe ich eher den Vorteil darin, dass immer die BU mit der AU gleichzeitig geprüft wird. Vielleicht ist das Ansichtssache, aber ich werte die alleinige AU Prüfung für den Versicherten aber auch für das Kollektiv nachteilig und wird darum auch negativer bei fairTest.de bewertet.

Pflegebaustein
Herr Wenzel begrüßt den Pflegebaustein der Basler und begrüßt die Begrenzung auf 2.000 Euro.

Diese Option kann sinnvoll sein, aber nur dann wenn keine Ausschlüsse oder ähnliche Einschränkungen der Vertrag vorsieht. Denn diese gelten i. d. R. dann auch für die Pflegeversicherung. Aus diesem Grund sollte hier unabhängig die Absicherung vorgenommen werden. Gesundheitliche Beeinträchtigungen werden sehr unterschiedlich zwischen BU und Pflege bewertet, so können in einer einzelnen Pflegeversicherung Krankheiten versichert werden, die zu einem Ausschluss bei einer BU führen können. Neben der Option gibt es aber auch meistens weitere Einschränkungen. Eine Pflegerentenoption von 2.000 Euro ist viel zu gering, insbesondere wenn man einen jungen Menschen versichern möchte.

Bei einer stationären Kostensteigerung von durchschnittlich 3,1 % pro Jahr (eigene Statistik) verdoppelt sich der Bedarf alle 20 bis 25 Jahre, was besonders in der Pflegestufe drei dann bei kleinen Renten eher nachteilig zu werten ist. Damit wird kaum eine Lücke geschlossen werden. Versicherer die heute solche Optionen anbieten, wissen zudem meistens noch gar nicht wie später die Tarife sein werden. Aber mit hoher Wahrscheinlichkeit kann davon ausgegangen werden, dass die späteren Tarife das Risiko aus den BU-Options-Tarifen einkalkulieren werden.

Somit stellt sich die Frage, warum Herr Wenzel eine Begrenzung im Sinne des Kollektivs darin sieht, wenn heute noch nicht einmal die Tarifkalkulationen vorliegen (zu mindestens bei den meisten Versicherern)?

Leistungsbegrenzungen
Herr Wenzel beschreibt, dass auch aufgrund einiger Leistungsbegrenzungen dies auch ein Geheimnis der Kalkulation sein kann. Richtig ist, dass man die Höhe einiger Leistungsbausteine anzweifeln kann, ob diese auch bedarfsgerecht sind. Ob jedoch die Begrenzung der garantierten Leistungsdynamik auf 1% ein "großes Risiko vom Versicherer nimmt", ist meinerseits anzuzweifeln. I. d. R. wird hierfür ein nicht unerheblicher Prämienaufschlag z. B. bei alternativen Versicherern berechnet. Dieses Prämienelement kann somit vom Versicherungsnehmer gesteuert werden, welchen „Aufschlag“ er bereit ist zu zahlen. Es sollte zudem davon ausgegangen werden, dass der Versicherer über diese Regelung auch das Risiko aussteuert und somit kein Risiko darstellen sollte.

Zudem hat selbst Herr Wenzel in einem Artikel „Die temporäre BU ist eine echte Alternative“ (am 17.11.2014 im Versicherungsjournal erschienen) behauptet, dass „eine BU selten länger als 3 Jahre geht“.

Wenn dies der Fall ist, dann sollte eine Reduzierung auf 1% wohl kaum "ein großes Risiko vom Versicherer genommen worden sein", sondern eher aufgrund einer zu geringen BU-Leistungsdauer es zu beantworten wäre. Übrigens wurde meinerseits eine eigene Statistik veröffentlicht, die ein ganz anderes Licht auf die Leistungsdauer zeigt. Aus diesem Grund wäre es wichtig, dass hier für die versicherte Person eine höhere garantierte Leistungsdynamik versicherbar wäre. Die Aussage, dass durch eine Begrenzung auf 1% dies eine Risikominimierung und folglich auch eine Weniger-Belastung des Kollektivs bedeutet, ist für mich nicht nachvollziehbar. Auch bis heute konnte Herr Wenzel in keiner Weise belegen, dass die BU-Renten überwiegend nicht länger als drei Jahre andauern. Uns gegenüber wurde telefonisch bestätigt, dass Herr Wenzel keine eigenen BU-Fälle seiner Zeit hatte, aber die Aussagen von Rating-Agenturen und den Versicherern stammen sollen.

Alleinstellungsmerkmal: Umorganisationsklausel
Herr Wenzel bezeichnet die Umorganisationsklausel des Basler-Tarifes bei selbstständigen Akademikern, die zu 90% im Büro arbeiten als Alleinstellungsmerkmal.

Wie man es von Maklern erwarten darf, sollten diese auch den Markt kennen. Es gab bereits vor Erscheinen des Basler-Tarifes diese Klausel schon bei anderen Versichern. Also ein Alleinstellungsmerkmal ist für uns nicht erkennbar. FairTest.de hat hier mehrere Tarife mit dieser Klausel für diese Zielgruppe bereits bewertet. Richtig ist, dass die Umorganisation zu einem Problem werden kann. So haben wir z. B. bei einem Versicherer in der begleitenden Produktberatung den Verzicht der Umorganisation bis zu 5 Mitarbeiter vorgeschlagen, was im Dezember 2012 bedingungsmäßig umgesetzt wurde und heute von unterschiedlichen Versicherern erkennbar durch den Wortlaut übernommen wird. Die Rechtsprechung bestätigt überwiegend, dass bis zu 5 Mitarbeitern selten eine Umorganisation Anwendung findet, eine Konkretisierung gibt jedoch mehr Sicherheit, sollte sich die rechtliche Meinung ändern. Es stellt sich jedoch die Frage, ob bei Akademikern die zu 90% im Büro tätig sind, ebenfalls dass eine sinnvoll Ergänzung sein kann. Im Einzelfall wäre dies zu bejahen. Schaut man sich jedoch die möglichen Berufsgruppen an, wird hier eher selten dies wahrscheinlich werden. Beispiel Rechtsanwälte: meistens handelt es sich um Bürogemeinschaften und jeder ist für sich selbst freiberuflich tätig. Wirtschaftsprüfer und Steuerberater haben nur in wesentlich größeren Kanzleien eine Vielzahl von Angestellten, wo dies zutreffen könnte. Wird aber in solchen Fällen der „Chef“ eventuell nicht mehr als 10% unterwegs sein und seine großen Kunden persönlich betreuen? Eine Architekten- oder Ingenieurbüros könnten dies auch erfüllen, wobei diese ebenfalls nicht selten mehr als 10% der Arbeitszeit auch bei den Objekten oder eben geschäftlich unterwegs sind? Eventuell könnte somit der Verzicht bis zu 5 Mitarbeiter besser sein, was jedoch bei der Basler fehlt. Eine wesentlich Verbesserung wäre der Verzicht bis zu 10 Mitarbeiter, dass erfüllt derzeit aber kein Anbieter. Herr Wenzel kommt zum Schluss, dass ein Selbstständiger der zu 90% im Büro arbeitet, auch nur schwer durch Umorganisation wieder berufsfähig gemacht werden könnte und somit die Kalkulation des Tarifes nicht weiterhin belastet. Wenn es auf der einen Seite laut des Autors vertrieblich interessant ist und eine Umorganisation durchaus ein Problem darstellt, aber auf der anderen Seite kaum ein Fall denkbar ist, wo liegt nun die wirkliche Begründung oder Vorteil des „Alleinstellungsmerkmal“? Betrachtet man die Entwicklung der BU Ursachen, so ist eine steigende Tendenz der Büroberufe bei einigen Versicherern erkennbar (Bandscheibe und Psyche). Wir sehen darin eine Zunahme des BU-Risikos in dieser Zielgruppe. Aufgrund der o. g. geschilderten Situationen und genannten Gründen es eher denkbar, dass ein Umorganisationsverzicht eher nicht zum Tragen kommt, sondern eher ist die Zunahme der BU-Anerkennung für Büro-Berufe. Eine Verzicht bis zu 5 Mitarbeiter würde meines Erachtens eine höhere Sicherheit für die versicherte Person als Selbstständiger oder Freiberufler bedeuten. Aber ist es vielleicht auch nur Ansichtssache.

Wiedereingliederungshilfe
Herr Wenzel bewertet dies vorteilhaft, wenn die Wiedereingliederungshilfe nur dann bezahlt wird, wenn die versicherte Person eine Tätigkeit wieder aufnimmt.

Als letztes Beispiel für sinnvolle Begrenzungen ist die Wiedereingliederungshilfe zu nennen. Sie ist nur zu erhalten, wenn man wieder eine Arbeit aufnimmt, und nicht, wenn die BU aufgrund gesundheitlicher Verbesserung wegfällt. Das ist zwar hart, aber durchaus im Sinne des Kollektivs.

FairTest.de bewertet dies negativer. Denn nicht immer ist eine Wiederaufnahme einer Tätigkeit möglich, wenn der BU-Grad nicht mehr erfüllt ist. Fällt die BU-Leistung weg, ist es denkbar dass es noch eine Weile dauern kann, bis die versicherte Person wieder tatsächlich tätig werden kann. Die Überbrückung durch die Wiedereingliederungshilfe kann durchaus helfen eine Weiterbildung abzuschließen oder zu beginnen, wenn noch keine berufliche Tätigkeit vorliegt.

Ist es wirklich im Sinne des Kollektivs?


Interessant wäre es zu erfahren, wieviel Ablehnungen gab es bei den Versicherern wegen einer fehlenden beruflichen Tätigkeit? Wenn dies z. B. mehr als 50% ausmacht, dann könnte man eventuell darüber nachdenken, ob dies auch im Sinne des Kollektivs ist. Aber sollte solche Leistung nicht auch sauber kalkuliert sein, womit erst gar keine Belastung des Kollektivs entsteht? Wenn nicht, dann muss man sich fragen ob der Tarif wohlmöglich mit einer heißen Nadel gestrickt wurde. Auch hier sind wohl andere Ansichten erlaubt. Eine zusätzliche signifikante Belastung des Kollektives ist für mich nicht erkennbar.

Prämienkalkulation

Die Basler-Prämie liegt laut Herrn Wenzel im Durchschnitt um 20% günstiger. Zudem liegt die Brutto-Netto Spanne bei ca. 25 Prozent. Die Leistungsdynamik ist begrenzt bei 1%. Der Versicherer soll seinen Rückversicherer aufgrund eines Starter-Tarif gewechselt haben. Dem einfachen Vermittler wird es nicht möglich sein, Details der Kalkulation herauszufinden und Spekulationen führen auch nicht weiter, so dass weitere Parameter untersucht werden müssen, z. B. die Gesundheitsprüfung."

Die Basler hat bis zum 30. Lebensjahr eine vereinfachte Gesundheitsprüfung bis zu 2.000 Euro (das ist viel gegenüber ähnlichen Angeboten in der Vergangenheit), dennoch sieht Herr Wenzel hier keine Gefahr einer zu großen Antiselektion.

Richtig ist, dass man nur spekulieren kann, aber sollte man sich dann erst recht als Makler nicht in Zurückhaltung üben, ob dann ein Tarif vernünftig kalkuliert ist?

Die Sichtweisen können sehr unterschiedlich sein. Ich denke, dass hier im Gegensatz zur Herrn Wenzel ein größeres Risiko besteht, als bei der o. g. Wiedereingliedrungshilfe. 

Ob die Bewertung des Prämienniveaus aus Maklersicht sinnvoll ist, wird wohl eher in Frage zu stellen sein. Ich denke sinnvoller ist es, in Bezug auf die Unternehmenskennzahlen auf die Aussagen einiger Ratingagenturen zu verweisen, statt gegenüber den Kunden eventuell die Meinung zu vertreten, ob eine Prämie gut oder weniger gut kalkuliert ist.

Es bleibt meines Erachtens offen, welche Optionen wirklich in der Prämienkalkulation risikogerecht berücksichtigt wurden. Schaut man sich die Leistungsquoten der Versicherer an, so sind Unterschiede bis zu 30% möglich. Stellt man die Leistungsquote und einen gesamten Beitragsdurchschnitt (z. B. von über 100 Berufe) gegenüber, könnte man denken, dass einige Tarife wohl eher rein vertriebliche kalkuliert wurden. Denn nicht selten sind mit günstigen Prämien auch niedrige Leistungsquoten verbunden bzw. zu erkennen. Zufall? Zudem stellen sich auch weitere Fragen, z. B. wie werden heute die Risiko-Überschüsse der einzelnen Versicherer verwendet? Ist vielleicht auch eine Zweckentfremdung möglich, wenn in den klassischen Tarifen die Zinsüberschüsse nicht mehr erreicht werden? Wie sieht es auch mit den Bewertungsreserven und im Allgemeinen mit der Solvabilität und dem Gesamtumsatz der Versicherer aus? Sind z. B. Klauseln enthalten, die den Tarif oder der Versichertengemeinschaft längerfristig schädigen könnten? Welche weiteren Risikomerkmale wurden noch berücksichtigt (z. B. Hobbys, Raucher, Nichtraucher, Mischtarife)? Was wurde mit dem Rückversicherer verhandelt bzw. welche Empfehlungen wurden seitens des Erstversicherers umgesetzt? Was heute von einigen Autoren positiv gewertet wird, könnte sich als Bumerang erweisen.

Ein weiteres Risiko könnte die Querverrechnung von Risikoüberschüssen sein
Bis jetzt waren Anpassungen der Nettobeiträge im Neugeschäft bisher eher bei risikoreichen Berufen festzustellen, aber es soll nun auch in kaufmännischen Berufen zu Veränderungen kommen. Das könnte möglicherweise mit den psychischen Erkrankungen bei einigen Berufsgruppen zu tun haben. In diesem Fall ist eine Beitragssicherheit eher wohl dann anzunehmen, wenn die Prämien nicht nur auskömmlich kalkuliert werden, sondern der Versicherer auch ein größeres Versicherten-Kollektiv vorweisen kann und aufgrund einer langfristigen Bestandshistorie auf eigene Erfahrungen in der Risikoprüfung und Leistungsregulierung zurückgreifen und aufbauen kann. Aber auch andere Faktoren können eine Rolle spielen, wie z. B. der Umgang mit den Risikoüberschüssen. Bei Zins- und Kapitalmarktverlusten können Versicherer dies mit den Risikoüberschüssen aus dem BU-Bestand quer verrechnen. Aufgrund der aktuellen Zinsmarktsituation könnte dies zu Begehrlichkeiten führen, denn die Rohüberschussquote des BU-Geschäfts ist laut Assekurata durchschnittlich fast doppelt so hoch wie die des Gesamtgeschäfts. So kann es sogar gut möglich sein, dass alleine vom Verrechnungsgewinnanteil der größte Teil (z. B. 90%) aus Risikoüberschüsse stammt. Das Versicherten-Kollektiv partizipiert zwar in großem Umfang über die Überschussbeteiligung daran, aber wenn die Risikoüberschüsse anders verwendet werden (Querverrechnung), könnten die Nettoprämien eben steigen, da dann das eine Kollektiv das andere „unterstützt“. Es stellt sich somit mehr die Frage, ob die Erträge ausreichen, um die Rechnungszinsanforderungen decken zu können. Wenn die Basler oder ein anderer Versicherer z. B. hohe Rechnungszinsforderungen im Bestand hat und berücksichtigt die vielen Stellschrauben einer Prämienbeeinflussung, dann ist fast unüberschaubar oder einschätzbar behaupten zu können „dass die Basler den Tarif vernünftig kalkuliert hat“. Also, wenn allen Gesellschaften gleiche Wahrscheinlichkeitstabellen vorliegen, muss man sich fragen, wie können auf Dauer über alle Berufsgruppen hinweg  die Prämien ca. 20% bis 30% günstiger sein? Zudem benötigt ein Versicherer einen hohen BU-Bestand, um entsprechende Risikoüberschüsse bilden zu können. Somit muss man sich auch hier die Frage stellen, wie kann ich den Umsatz vielleicht kurzfristig ankurbeln, um einen hohen Bestand aufbauen zu können, z. B. durch geringe Prämien?

Es geht also nicht darum, ob bei der Basler die Prämienkalkulation so günstig möglich ist, sondern dass man als Makler keine Aussagen treffen sollte, die schwer nachzuvollziehen sind. Solche Einschätzungen oder Behauptungen könnte man gut verstehen, wenn man Versicherungsmathematiker und Produktmanager in einer Person ist. Einen Makler wäre zu empfehlen, eher in der Dokumentation festzuhalten, dass Netto-Prämien nie garantiert sind (außer vielleicht wenn Netto = Brutto), sowie dass auch Garantieleistungen bzw. Verpflichtungen aus dem Vertrag nach § 222 Absatz 5 und § 314 VAG von mehr als fünf Prozent gekürzt werden könnten. Bei sehr günstigen Prämien und sogar bei einer leichteren Annahmepolitik für Personen bis zum 30. Lebensjahr, sollte man jedoch sich selbst fragen, ob dies eher ein langfristiges Problem darstellen könnte. Manchmal ist es vielleicht auch nur ein Bauchgefühl, aber in heutigen Zeiten ist viel denkbar.

Fazit
Herr Wenzel nimmt also an, dass der Basler-Tarif vernünftig kalkuliert wurde. Richtig ist, dass die Prämien derzeit eine gute Preisansage ist, aber dennoch eher langfristig und dauerhaft dies doch mit wesentlich größerem Sicherheits-Abstand zu sehen ist. Die Erklärungen, „dass die kleinen und größeren sinnvollen Einschränkungen das Risiko minimieren“ kann ich nicht nachvollziehen und ist eher eine Vermutung oder Spekulation. Aber das gehört eher in den Aktienmarkt als in die BU-Bewertung. Ansonsten erreicht der Basler-Tarif über fairTest.de aktuell für einige Zielgruppen fünf von sechs Sternen und ist damit als „sehr gut“ bewertet. Dieses Prädikat erreichen nur 5 Versicherer (bei Angestellte ohne beruflichen Statuswechsel) und ein Versicherer sechs Sterne. Bei anderen Zielgruppen erreicht die Basler überwiegend vier von sechs Sternen und wird somit als gut bewertet.


Courtagezusage der Basler

Auch wenn der Tarif für „sehr gut“ über fairTest.de bewertet wurde, so ist es ebenfalls wichtig dass auch die Courtagezusage maklergerecht ist. Dies ist neben einer Tarifbewertung meines Erachtens ebenfalls ein wichtiger Punkt, den man im Artikel hätte mit aufgreifen können. So wurde mir eine Courtagezusage vorgelegt, die z.B. unter Pkt. 3.7 Tarifwechsel (neben Pkt.3.2 und 4) folgenden Wortlaut enthält:

„Erhöhungen und vergütungspflichtige Summen, die sich aus einem Tarifwechsel ergeben, sind nicht vergütungspflichtig.“

Dies widerspricht jedoch dem Status und Berufsbildes des Versicherungsmaklers. Wir haben bereits seit einigen Wochen dies beanstandet. Laut telefonischer Aussage liegt unsere Erklärung der Rechtsabteilung vor, die nun möglicher Weise dieser folgt und aufgrund unserer Beanstandung allen Maklern eine verbesserte Änderung für alle neuen und eventuell für alle bestehenden Courtagezusagen vorsieht. Das wäre nicht nur eine vertrauensvolle Basis zwischen Versicherer und Makler und ist besonders vorteilhaft zu werten, wenn tatsächlich die Basler dies auch gleichzeitig für alle anderen Courtagezusagen anerkennt. Wir werden hier die Information erweitern, soweit uns die Antwort des Versicherers vorliegt.

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