Risiken eines befristeten Anerkenntnisses und dessen Folgen nach § 173 Abs.2 VVG

Verzichtet der Versicherer schriftlich auf die Anwendungs-möglichkeit eines zeitlich befristeten Anerkenntnisses nach §173 Abs.2 VVG? Eine Frage die kontorvers diskutiert und durch Rating-Gesellschaften unterschiedlich bewertet wird. Welche Vor- und Nachteile hat nun ein befristetes Anerkenntniss?


Welchen Vorteil hat ein befristetes Anerkenntnisses?

Ein befristetes Anerkenntnis könnte in bestimmten Situationen bzw. in begründeten Einzelfällen ausnahmeweise sinnvoll sein, z.B., wenn noch Umschulungsmaßnahmen abgewartet werden müssen oder die vorliegenden Befunde nicht ausreichen, um ein unbefristetes Anerkenntnis aus sprechen zu können. Positiv könnte insbesondere ein befristetes Anerkenntnis sich dann auswirken, wenn die Vertragsbedingungen in der Gesamtheit eher schlecht sind. Beispielsweise wenn die BU-Bedingungen eine abstrakte Verweisbarkeit vorsehen und die Wahrscheinlichkeit gegeben ist, dass mit einer BU-Prüfung der Versicherer dann leistungsfrei wäre. In solch einem Fall hätte die versicherte Person zu mindestens vielleicht für ein Jahr die Rentenzahlung. Liegen im Anschluss eines befristeten Anerkenntnisses auch die Voraussetzungen für ein unbefristetes Anerkenntnis noch vor (was durch die versicherte Person bewiesen werden muss), so geht das befristete Anerkenntnis automatisch in eine unbefristetes über.

Während eines befristeten Anerkenntnisses sollte für diese Dauer der Versicherer auf eine Nachprüfung verzichten. Spricht der Versicherer ein befristetes Leistungsanerkenntnisses aus, so sollte die Dauer maximal auf 12 Monate konkret limitiert sein. Es klingt zwar schöner und fühlt sich möglicherweise für die versicherte Person sicherer an, wenn statt 12 Monate sogar 3 Jahre anerkannt werden, aber die Risiken steigen so gleich. Es könnte auch ein Kalkül des Versicherers sein, denn nach 2 bis 3 Jahren kann man mit höherer Wahrscheinlichkeit mit wesentlichen gesundheitlichen Verbesserungen rechnen, als innerhalb von einem Jahr möglich sind. Anschließend ist jedoch die Beweislage für die versicherte Person schwieriger, eine Berufsunfähigkeit noch nachweisen zu können. Der Versicherer wäre dann mit höherer Sicherheit, leistungsfrei.


Beispiele für die Formulierung eines befristeten Anerkenntnisses

Beispiele für die Formulierung eines befristeten Anerkenntnisses:
„Wir können einmalig ein zeitlich begrenztes Anerkenntnis aussprechen. Bis zum Ablauf der Begrenzung ist dieses Anerkenntnis für uns bindend.“ 

Eine bessere Formulierung könnte z.B. sein:
„Grundsätzlich sprechen wir kein befristetes Anerkenntnis aus. In begründeten Einzelfällen können wir einmalig ein zeitlich begrenztes Anerkenntnis bis zu 12 Monaten in Textform aussprechen. Gründe für ein befristetes Anerkenntnis liegen z.B. vor, wenn für ein unbefristetes Leistungsanerkenntnis noch Erhebungen oder Untersuchungen oder deren Auswertung erforderlich sind oder aus medizinischen oder beruflichen bzw. betrieblichen Gründen (z. B. Dauer einer Umschulung oder Fortbildung, Möglichkeit der Umorganisation bei Selbstständigen oder ihnen gleichgestellten Personen ein Ende der Berufsunfähigkeit zu erwarten ist.“

Die verständlichste Formulierung könnte lauten:
„Auf die Möglichkeit eines befristeten Anerkenntnisses verzichten wir ausdrücklich.

Welche Nachteile hat ein befristetes Anerkenntnis?

Es bestehen für die versicherte Person Risiken, wenn der Versicherer sich auf § 173 Abs. 2 VVG beziehen kann und erst einmal eine befristete Anerkennung der BU-Rentenzahlung ausspricht bzw. der versicherten Person anbietet. Nimmt die versicherte Person das Angebot einer befristeten BU-Rentenzahlung an, so begründet dies keine rechtlich verbindliche Leistungspflicht seitens des Versicherers über die Frist hinaus. Nicht selten nimmt die versicherte Person vertrauensvoll solch ein Angebot an, da oft finanzielle Engpässe bestehen und die rechtlichen Folgen für den Kunden nicht erkennbar sind. Der Versicherer ist dazu angehalten, die versicherte Person darüber zu informieren, dass bei Annahme eines befristeten Anerkenntnisses sich dadurch für die versicherte Person eine schlechtere Position ergeben kann, ob diese aber wirklich versandt wird und ob die versicherte Person sich einen rechtlichen Rat holt, steht auf einem anderen Blatt.

Mögliche Risiken

-Mögliche Verweisbarkeit nach Ablauf der Frist eines befristeten Anerkenntnisses

Da keine rechtlich verbindliche Leistungspflicht über die Frist hinaus begründet ist, wird auch eine mögliche Verweisbarkeit zum Ablauf der Frist zurückgestellt.

- Es wird ein neuer Leistungsantrag notwendig

Nach Ablauf der Frist muss die versicherte Person einen neuen Leistungsantrag stellen. Dabei gelten die gleichen Grundsätze wie in der Erstprüfung. Dabei sind neu erworbene berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen. Eine Verweisbarkeit könnte je nach Bedingungswerk dann wieder möglich sein.

- Durch verbesserten Gesundheitszustand in Beweisnot

Nicht selten hat sich während der Befristung der Gesundheitszustand der versicherten Person verbessert. Nach einer Befristung ist es dann möglicherweise wesentlich schwerer zu beweisen, dass man noch berufsunfähig ist.

- Volle Nachweispflicht liegt bei der versicherten Person - Beweislastumkehr

Nach einer Befristung ist die versicherte Person im vollen Umfang selbst in der Pflicht die Berufsunfähigkeit nachzuweisen und übernimmt damit eine unkalkulierbare Verantwortung.

- Die Kosten liegen bei der versicherten Person

Nach einem befristeten Anerkenntnis muss die versicherte Person nach Ablauf der Frist auf seine Kosten beweisen, dass noch eine Berufsunfähigkeit laut Vertragsbedingungen besteht. Das birgt eine große Rechtsunsicherheit für die versicherte Person. Nur sehr wenige Versicherer übernehmen laut Versicherungsbedingungen auch die erforderlichen Kosten.

- Existenzproblem besonders bei Selbständigen mit privater Krankentragegeldversicherung

für Selbständige könnte ein großes Problem entstehen. Besteht für die versicherte Person eine private Krankentagegeldversicherung, so besteht seitens des Tagegeldversicherers das Recht die Leistung zu verweigern, wenn eine Berufsunfähigkeit anzunehmen ist. Es bedarf also nicht einmal einem Beweis, sondern nur eine Annahme. Wenn nun die versicherte Person eine versicherte BU-Rente befristet erhält und der Krankentagegeldversicherer die Leistung bereits eingestellt hat, was erhält er nach Ablauf der Frist?

Erst einmal NICHTS!


Der Krankentagegeldversicherer erkennt auch weiterhin keine Leistungspflicht an, da dieser noch eine Berufs-unfähigkeit annehmen kann. Als versicherte Person müssen Sie nun gegenüber dem Krankentagegeldversicherer beweisen, dass Sie nicht mehr berufsunfähig, sondern nur noch „krank“ sind. Das wird wohl kaum noch möglich sein. Für Selbständige kann das ein sehr hohes Risiko bedeuten. Die Lösung könnte sein: 1. Sie nehmen kein befristetes Anerkenntnis an, oder 2. Es gibt eine Vereinbarung zwischen einem Krankentagegeld- und dem BU-Versicherer, die keine Leistungslücke zulässt.
Wann könnte ein befristetes Anerkenntnis sinnvoll sein? Ein befristetes Anerkenntnis könnte in bestimmten Situationen ausnahmeweise sinnvoll sein, z.B., wenn noch Umschulungsmaßnahmen abgewartet werden müssen oder die vorliegenden Befunde nicht ausreichen, um ein unbefristetes Anerkenntnis auszusprechen. Liegen im Anschluss eines befristeten Anerkenntnisses die Voraussetzungen für ein unbefristetes Anerkenntnis vor (was durch die versicherte Person bewiesen werden muss), so geht die befristete Anerkenntnis automatisch in eine unbefristete über. Während eines befristeten Anerkenntnisses sollte für diese Dauer der Versicherer auf eine Nachprüfung verzichten.

Fazit: Ein befristetes Anerkenntnis birgt für die versicherte Person unkalkulierbare Risiken. Besser wäre es, wenn der Versicherer grundsächlich auf ein befristetes Anerkenntnis verzichtet, aber in begründeten Einzelfällen die versicherte Person eine Individualvereinbarung anbietet. Wie könnte solche eine Klausel aussehen?

Eine bessere Formulierung könnte sein und ist gleichzeitig ein Vorschlag für Versicherer:

Eine Idee von Bert Heidekamp:

"Auf die Möglichkeit eines befristeten Anerkenntnisses verzichten wir ausdrücklich. In begründeten Ausnahmefällen erhalten Sie eine Individualvereinbarung als Angebot für ein einmalig befristeten Anerkenntnisses für höchstens 12 Monate. Mit dieser Individualvereinbarung werden Sie auf Vor- und Nachteile hingewiesen. Nehmen Sie das Angebot an, verzichten wir während dieser Zeit auf eine Nachprüfung. Die Individualvereinbarung erlangt rückwirkend zu Beginn der Anerkennung Gültigkeit, wenn uns diese innerhalb von 8 Wochen unterschrieben vorliegt, es sei denn dass Sie aus gesundheitlichen Gründen nachweisbar verhindert waren und aus medizinischen Gründen erst nach dieser Frist antworten konnten.

Wie ist Ihre Meinung dazu? Schreiben Sie uns.

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