Übernahme des Artikel "Produktinformation No. 2/2001" - Altes Recht

Stiftung Warentest (BU-Ausgabe 08.2001):
Risiken einer möglichen vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung verkannt!

Nach §16 VVG sind alle erheblichen Gefahrumstände bei Antragstellung mitzuteilen. Auch wenn der Versicherer nur nach den letzten 5 Jahren in den Gesundheitsfragen stellen sollte, so müssen dennoch alle von Geburt an erheblichen Gefahrumstände (Vorerkrankungen) dem Versicherer mitgeteilt werden, die zu einem Vertrags-Ausschluss, einer Risikoerhöhung oder Ablehnung des Antrages führen könnten.

Wenn diese erheblichen Gefahrumstände nicht angegeben wurden, besteht eine eventuelle vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung. Der Antrag wird im Leistungsfall vom Versicherer rückwirkend auf vergessene Mitteilungen geprüft.

Auch wenn Versicherer laut Prospektangaben auf eine Einrede der Vorvertraglichkeit nach 5 oder 10 Jahren verzichten, ist das dennoch kein Freifahrtschein. Wenn ein Berufsunfähigkeitsfall in keinem kausalen Zusammenhang steht, könnte dennoch der Versicherer gerade in dieser Zeit eventuell von der Leistung frei sein.

Rechtsfolgen
Bei einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung kann nach §16 VVG der Versicherer den Vertrag anfechten oder den Rücktritt zum Vertrag erklären.



In beiden Fällen hat der VN keinen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Versicherungsprämien. Der Unterschied zwischen Anfechtung und Rücktritt ist:

• Was bedeutet die Anfechtung des Vertrages?

Bei der Anfechtung wird ohne Kompromisse der Vertrag angefochten und es gibt keine Leistung und keine Prämienrückerstattung.

• Was bedeutet der Rücktritt zum Vertrag?

Bei einem Rücktritt besteht die Möglichkeit, dass eine Einigung für die Zukunft erfolgt und es zu einer Leistungszahlung ab Zeitpunkt der Meldung kommt. In diesem Fall darf kein kausaler Zusammenhang bestehen und keine schwere Vorerkrankung vorliegen. Für die Zukunft würde dann eine Vorerkrankung ausgeschlossen werden.

Beispiel Rücktritt: Heuschnupfen
Es wurde der Heuschnupfen nicht angegeben, aber die beantragte Berufsunfähigkeit bezieht sich auf einen Knieunfall. Der Versicherer prüft bei einem Leistungsantrag, ob die verschwiegene Krankheit, im Sinn eine schwere Krankheit eines erheblichen Gefahrumstandes ist. Es hängt also von der Schwere der Krankheit ab und ob diese Krankheit bei Antragstellung bereits zu einer Ablehnung des Antrages geführt hätte. Da in diesem Fall der Versicherungsnehmer höchstwahrscheinlich einen Vertrag mit einer Ausschlussklausel erhalten hätte, würde u.U. eine Weiterführung des Vertrages unter Vereinbarung einer Ausschlussklausel für die Zukunft möglich sein. Der Versicherer würde den Rücktritt erklären, die Leistung für die Zukunft zahlen, aber nur unter der Voraussetzung das eine Ausschlussklausel aufgrund des Heuschnupfen und allen Folgen nachvertraglich vereinbart wird.

Beispiel Anfechtung: Asthma
Eine Asthma-Erkrankung führt fast immer zur Ablehnung eines Antrages. Der VN hätte somit höchstwahrscheinlich keinen Vertrag erhalten. Auch eine Weiterführung des Vertrages unter Vereinbarung einer Ausschlussklausel für die Zukunft wäre wohl nicht möglich. Der Versicheurngsnehmer würde keine Leistung erhalten. Der Vertrag würde nachträglich angefochten werden, ohne dass der Versicherungsnehmer seine Prämien zurück erhält und der Vertrag eventuell durch eine Ausschlussklausel weiter geführt werden könnte.

RISIKO: Laut Stiftung Warentest reicht nur der Blick in die Antragsunterlagen. Vorteilhaft sollen zeitlich begrenzte Gesundheitsfragen sein. Risiken bzw. Folgen nach § 16 VVG werden weder berücksichtigt noch erwähnt.

Zur Erklärung:
Was risikogefährdend nach § 16 VVG ist, kann der Vermittler und der Antragssteller nicht entscheiden. Ein großes Problem ist die von der Stiftung Warentest bevorzugte und als positiv bewertete Gesundheitsfrage im Antrag, dass der Versicherer sich nur auf die letzten 5 bzw. 10 Jahre bezieht. Es wurde jedoch nicht darauf hingewiesen, dass der Versicherer auf §16 VVG verzichten muss, somit ist die Fragestellung rechtlich unwirksam. Die Bewertung von Stiftung Warentest ist somit falsch und verursacht somit unter den Vermittlern und Verbrauchern den Anschein, dass alle erheblichen Gefahrumstände vor diesem Zeitraum nicht dem Versicherer mitgeteilt werden müssen. Die rechtliche Unkenntnis der überwiegenden Vermittler und auch recht einfachen Handhabe nach dem Motto „das brauchen Sie nicht angeben“, erwirkt eine möglich vorvertragliche Anzeigenpflichtverletzung. Die Aussagen von Stiftung Warentest untersützen diese Haltung.

Eine Verletzung könnte nur geheilt werden, wenn man bereits im Antrag folgenden Hinweis vermerkt: „Abweichend vom §16 VVG werden nur die Krankheiten, Körperverletzungen oder Unfälle angegeben, die in den o.g. nachgefragten Zeitraum eingetreten sind. Alle anderen davor bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen bleiben bei der Antragstellung unberücksichtigt“.

Die Kanzlei Heidekamp hatte mehrfach versucht mit diesen Hinweis Anträge einzureichen. Selbst bei gesunden Antragstellern wurde der Antrag abgelehnt. Das ist der Beweis das hier eine erhebliche Fehleinschätzung durch Stiftung Warentest vorliegt und es in einigen Jahren bei Leistungsanfragen zu erheblichen Leistungsprozessen führen kann. Hier ein Beispiel:





Geben Sie daher unabhängig von den Antragsfragen oder der Empfehlung von Stiftung Warentest alle Gesundheitsbeeinträchtigungen seit der Geburt an und wenn möglich legen Sie dem Antrag ein ärztliches Atest bei. Erst bei Änderung des Versicherungsvertragsgesetzes kann auch dem Verbraucher möglicherweise mehr Schutz gewährleistet werden.

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