Recht 1 Fotolia 36817037 XSVorvertragliche Anzeigenpflichtverletzung:
Keine Anzeigepflicht von Bagatellerkrankungen

 

Der Versicherungsnehmer hat nach der ständigen Rechtsprechung gestellte Fragen nach Krankheiten, Störungen oder Beschwerden grundsächlich erschöpfend zu beantworten. Anderseits ist aber auch bekannt, dass bei sehr weit gefassten Antragsfragen nach Krankheiten, Störungen und Beschwerden, die offenkundig belanglos sind und alsbald vergehen, nicht angeben muss (vgl. BGH NJW-RR 03, 1106, 1107). Es ist jedoch für die versicherte Person oft unklar, welche Gesundheitsbeeinträchtigungen gefahrerheblich sind. Es ist deswegen auf das Gesamtbild abzustellen, das die Erkrankungen über den Gesundheitszustand der versicherten Person vermitteln.

Bespiel:
War die versicherte Person in den 5 Jahren vor Antragstellung z.B. 12 Tage wegen einer Sehnenscheidenentzündung und 4 Tage wegen Kreuzschmerzen arbeitsunfähig, aber insgesamt nur drei Mal bei einem Arzt ( das dritte mal wegen eines grippalen Infektes) ohne das es durchweg erhebliche Beschwerden, die mit vertieften Behandlungen verbunden gewesen sind, so stellt das nicht gleich eine Anzeigepflichtverletzung da (OLG Köln 30.09.2011, 20 U 43/11). Erklärung:


Fragte der Versicherer im Antrag nach:

„Sind Sie in den letzten 5 Jahren wegen Krankheiten, Beschwerden oder Störungen, wegen die versicherte Person ärztlich untersucht, beraten oder behandelt worden hinsichtlich ( …) Knochen, Gelenke Wirbelsäule, Muskeln (…)?“ und “Bestehen und bestanden in den letzten 12 Monaten gesundheitliche Beschwerden oder Störungen (…), die bisher nicht behandelt wurden?“

–so muss der Versicherer darlegen und beweisen, dass die versicherte Person nochmals ( also in den letzten 12 Monaten) wegen Rückenbeschwerden ein Arzt aufgesucht habe. Die versicherte Person hat somit nicht automatisch schuldhaft die Anzeigepflicht verletzt (§ 16 Abs.3 Fall 2 VVG a.F.).

Fazit:
Es kommt also darauf an, wie und in welcher Art der Versicherer die Antrags- bzw. Gesundheitsfragen gestellt hat. Zur Sicherheit könnte man bei der Beantwortung der Fragen diese als Zitat wiederholen und Missverständnisse zu entkräften. Und fallen die nicht angezeigten Umstände unter die Anzeigepflicht nach dem o.g. Urteil? Zudem sollte berücksichtigt werden, ob es sich um das alte und neue Versicherungs-vertragsrecht.

Altes Recht:
Anzeigepflicht: § 16 Abs. 1 S.1 VVG a.F.
Anzeigepflicht: § 16 Abs.3 Fall 2 VVG a.F. – schuldhaftes Handeln nach altem Recht ?
Rücktritt:         § 16 Abs.2, § 17 VVG a.F.

Neues Recht:
Erklärung:       § 19 Abs.5 VVG – wurde VN ordnungsgemäß aufgeklärt?
(5) Dem Versicherer stehen die Rechte nach den Absätzen 2 bis 4 nur zu, wenn er den Versicherungsnehmer durch gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung hingewiesen hat. Die Rechte sind ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Gefahrumstand oder die Unrichtigkeit der Anzeige kannte.

Vorsatz:          § 19 Abs.3 VVG – hat der VN vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt?
(3) Das Rücktrittsrecht des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht weder vorsätzlich noch grob fahrlässig verletzt hat. In diesem Fall hat der Versicherer das Recht, den Vertrag unter Einhaltung einer Frist von einem Monat zu kündigen.

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