Verzichtet der Versicherer auf den Mitwirkungsanteil bis zu 100% bzw. auf die Anrechnung von Vorerkrankungen und Gebrechen?

 

Im Fall einer Invalidität werden Vorerkrankungen oder Gebrechen bei der Bestimmung über die Höhe des Invaliditätsgrades berücksichtigt. So können eventuelle Leistungszahlungen um den Anteil gekürzt werden, wenn der Mitwirkungsanteil -in der Regel- mindestens 25 Prozent beträgt. Der "Mitwirkungsanteil" ist verantwortlich für die überwiegenden Leistungsablehnungen und steht dabei an erster Stelle bei Rechtstreitigkeiten.

Besonders in älteren Tarifen wird statt einer prozentualen Kürzung der Versicherungssumme/Leistung der Grad der Invalidität (überwiegend z.B. in der AUB 2008) gekürzt. Bei Unfallrenten kann es sogar zur Leistungsfreiheit führen. Es ist also wichtig, dass der Versicherer auf einen Mitwirkungsanteil bis zu 100% verzichtet. Das bedeutet, dass Vorerkrankungen oder Gebrechen nur bei einer 100'tigen Mitwirkung berücksichtigt werden.

Was ist Krankheit und was ist ein Gebrechen?
Eine Vorinvalidität umfasst alle dauernde Funktionseinbußen, z.B. durch Krankheiten, Gebrechen und früheren Unfälle (altersbedingte Veränderungen zählen nicht dazu). Gutachter berücksichtigen zudem alle Zustände, die über das normale Ausmaß einer altersbedingten Degeneration gehen und werden in Form von eines Mitwirkungsfaktor (in Prozent) abgezogen (z.B. bei Arthrosen mit höheren Verschleiß, Wirbelgleiten, Meniskusdegenerationen, insulinpflichtige Diabetes, degenerative Wirbelsäulenveränderungen, Osteoporose, Knörpelschäden, etc.). Eine Kürzung kommt also immer dann zustande, wenn die Vorinvalidität einen kausalen Zusammenhang mit dem Unfall hat.

Eine Krankheit ist der regelwidrige Körperzustand, der eine ärztliche Behandlung erfordert. Gebrechen sind dauernde abnorme Gesundheitszustände, die eine einwandfreie Ausübung der normalen Körperfunktionen zu mindestens teilweise nicht mehr zulassen (OLG Hamm VersR 06,1394). Altersgerechte Verschleißerkrankungen begründen, auch wenn sie noch so schwerwiegend sind, weder eine Krankheit noch ein Gebrechen. Somit besteht ein uneingeschränkter Leistungsanspruch bei altersbedingtem typischem, normalem Verschleißzustand, aber nicht wenn Krankheiten oder Gebrechen bestehen. Dieser Aspekt enthält also ein hohes Streitpotential. Der Versicherer sollte somit mind. auf 70% besser bis zu 100% auf die Anrechnung von Vorerkrankungen verzichten (der sogenannte "Mitwirkungsanteil").

Neben dem Mitwirkungsanteil gibt es aber weitere wichtige Merkmale in diesem Zusammenhang, z.B. wenn prozentual eine Krankheit oder Gebrechen angerechnet wird, reduzieren die meisten Versicherer den Invaliditätsgrad was enorme Nachteile haben kann, insbesondere bei versicherten Unfallrenten. Wesentlich besser und verbraucherfreundlicher sind Regelungen, die statt dem Invaliditätsgrad die Versicherungssumme prozentual kürzen.

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